02/07/2024 0 Kommentare
Dein Glaube wird dir helfen!
Dein Glaube wird dir helfen!
# Spirituelles

Dein Glaube wird dir helfen!
Jesus aber sprach zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen; geh hin in Frieden! (Evangelium nach Lukas, Kapitel 7,50)
Liebe Leserin, lieber Leser,
bei fast jedem Bestattungsgespräch höre ich Worte wie diese: „Sie war keine Kirchgängerin, doch es war ihr wichtig, Mitglied in der Kirche zu sein“ oder „Er war noch in der Kirche, aber er war nicht so ein Christ wie die Sonntagsgänger. Er war Christ im Handeln“. Selbstverständlich freue ich mich über jeden Menschen, der Kirchenmitglied ist. Damit wird die Arbeit der Kirche und die guten Dinge, für die Kirche steht, unterstützt. Das ist konkret die sozial-karitative Arbeit der Kirche (Diakonie, Betreiben von Krankenhäusern, Fürsorge für Arme und Schwache etc.), die Bildungsarbeit für Kinder und Erwachsene aber auch der Einsatz für christliche Werte und das christliche Menschenbild. Immer wieder berufen sich Menschen auf das christliche Menschenbild und darauf, dass wir im christlichen Abendland leben. Aber mit Kirche und dem christlichen Glauben können oder wollen sie nichts zu tun haben.
Ehrlich gesagt finde ich das schwierig. Natürlich hat das Christentum christliche Werte nicht gepachtet. Natürlich gibt es Nächstenliebe und Barmherzigkeit auch unter Atheist:innen. Aber: ohne den christlichen Glauben wären wir nicht die, die wir sind (im Guten und leider auch im Schlechten). Die Kirche pflegt und kultiviert Themen, die grundlegend für unsere gesellschaftliche Ordnung sind. In der Kirche machen sich die Menschen diese Grundlagen bewusst. In der Kirche feiern sie eine bestimmte Art und Weise zu leben. In der Kirche pflegen die Gläubigen ihre Weltanschauung, ihren Glauben.
Genau dieser Glaube – oder Glauben überhaupt – bereitet große Probleme. Das wundert mich nicht. Denn wer denkt, dass die biblischen Texte wörtlich verstanden werden wollen, der tut der Bibel Gewalt an. Wer bei Christi Himmelfahrt den Heiland einem Raumfahrer gleich auf einer unsichtbaren Rakete in den Weltraum emporsteigen sieht, wer bei den Geschichten von Daniel in der Löwengrube nicht erkennt, dass die Texte Elemente von Märchen enthalten, wer einen Psalm als historischen Bericht missbrauchen möchte, der schadet dem christlichen Glauben bzw. missversteht ihn auf recht naive Weise. Es geht ihm oder ihr so wie dem Kämmerer aus Äthiopien, den der Apostel Philippus fragt (Apostelgeschichte 8): „Verstehst du denn, was du liest?“, der aber eingestehen muss: „Wie kann ich denn, wenn mich niemand anleitet?“
Den Gläubigen aller Zeiten galt die Einsicht: fides quaerens intellectum – der Glaube sucht Verständnis. Der Glaube möchte auf einer nachvollziehbaren Grundlage stehen. Die Gläubigen fragen danach, was die Aussagen ihres Glaubens bedeuten. Sie lassen einen Satz wie „geboren von der Jungfrau Maria“ aus dem apostolischen Glaubensbekenntnis nicht einfach so stehen, sondern forschen und erfahren, dass es sich hierbei einerseits um einen Übersetzungsfehler handelt und andererseits um eine bildhafte Unterstreichung der Bedeutung des Jesus von Nazareth - er war und ist nicht der Einzige, dem göttliche Eigenschaften beigemessen wurden.
Uns Christinnen und Christen ist aufgetragen, die Glaubensüberlieferungen zu pflegen, zu hinterfragen, immer wieder neu ins Leben zu übersetzen und zu aktualisieren. Wir lassen uns dabei leiten von der Überzeugung, dass glauben menschlich ist. Dass es zur Voraussetzung des Menschseins gehört, überhaupt eine Weltanschauung zu haben (und sei sie auch atheistisch). Und dass der christliche Glaube eine großartige Möglichkeit ist, solche menschlichen Veranlagungen zu kultivieren. Denn wie du glaubst, so lebst du. Dein Glaube wird dein Leben behindern oder er wird dir helfen, so dass auch für dich das Wort gilt: dein Glaube hat dir geholfen; geh hin in Frieden. Geh. Und komm. Komm mal wieder in einen Gottesdienst. Komm wieder in die Kirche – tritt wieder ein! Feiere das Leben. Feiere Deinen Glauben.
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