REISEBERICHT: Tansania-Reise von Pfarrer Cord Hasselblatt

REISEBERICHT: Tansania-Reise von Pfarrer Cord Hasselblatt

REISEBERICHT: Tansania-Reise von Pfarrer Cord Hasselblatt

# Partnerschaft

REISEBERICHT: Tansania-Reise von Pfarrer Cord Hasselblatt

Tansania-Reisebericht 25. März bis 6. April 2024

Geschrieben am 8. April 2024 von Pfarrer Cord Hasselblatt

Mittwoch, 27. März:

„Diese Reise ist anders als (meine) Vorhergehenden (2015, 2008). Ich bin mit 7 Personen unterwegs und die Hoffnung ist, dass trotz meines Abschiedes, bedingt durch den bevorstehenden Ruhestand, die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen der Evangelischen Kirchengemeinde zu Staaken und der lutherischen Kana-Gemeinde in der Stadt Tanga fortgeführt werden können.“

Vorab schon lässt sich schreiben, dass die Zukunftsaussichten für diese Partnerschaft gut aussehen. Zur Reisegruppe gehörten mit André – Christian Holz und Christian Steinhauer 2 GKR-Mitglieder. André Holz hat während der Tage einen launig und sehr informativ geschriebenen Reise-Blog erstellt, der durch Nikolai Reetz sukzessive auf die Gemeinde-homepage gestellt wurde, auf den hiermit ausdrücklich verwiesen wird. Ihre beiden Töchter (jeweils 13 Jahre alt) Jeanne Daglis und Sidonie Steinhauer waren mit. Jutta Bendt, frühere Küsterin unserer Gemeinde, war das fünfte Mal in Tansania und recht kurzfristig sind Alanza Schmidt und ihre Mutter Avis Dutoit-Schmidt wichtiger Teil der Reisegruppe geworden.

André Holz plant bereits für 2026/2027 eine weitere Reise, der neue Bischof Dr. Mbilu der North Eastern Diocese mit Sitz in Lushoto (Usambara-Berge), der sehr gut Deutsch spricht, plant für das zweite Halbjahr 2025 einen Besuch in Staaken (Mittwoch bis Sonntag) und Alanza Schmidt wird vermutlich im Herbst 2024 mit der Staakener Jugendgruppe erneut nach Tansania fliegen.

Neben den Ostergottesdiensten und dem Abschiedsgottesdienst für mich, in welchem ich die Predigt hielt und 10 von 26 Kindern taufte, gab es in Tanga sehr viele persönliche Begegnungen und Einladungen, zu denen ein Treffen gehörte, zu dem alle diejenigen Tansanier eingeladen worden waren, die seit 2003 in Berlin-Staaken gewesen sind. Zu den Ersten gehörten Ronald Moshi und Josephine Marandu……Vahaki Vesso ist im letzten Jahr verstorben. Und Godfrey Sawe war 2003 auch schon in Berlin. Die früheren Pfarrer Ketto, (er war 2022 in Staaken (und Selb)) sowie Kaoneka kamen auch vorbei.

In der zweiten Woche fuhren wir bei zum Teil heftigen Regen nach Lushoto und dann weiter nach Arusha und in den Ngorongoro – Krater.

Am Ostermontag war faktisch auch der Abschiedsgottesdienst für Pfarrer Emmanuel Mtoi, der am 15. April endgültig in den Ruhestand gehen wird, mit 66 Jahren 6 Jahre jenseits der Altersgrenze. Er war 1992 und 1997 in Staaken gewesen, 1992 war Gerda Nitschke, die Initiatorin der Partnerschaft am 31.10.1982, noch in Staaken tätig. Es ist sehr passend, dass Kana und Staaken nun in der gleichen Situation stehen…….mit dem Ruhestand einer Pfarrperson und der Nachfolge-Frage umgehen zu müssen.

In Daressalam ist in den letzten Jahren sehr viel gebaut worden, auch Mega-Churches entstehen.

Ein Thema unseres Besuches war das Thema „Kolonialismus/Rassismus“, dazu hatten wir im Vorfeld den Film „Das leere Grab“ sehen können, in dem es um die Rückführung von Schädeln tansanischer Widerstandkämpfer aus deutschen Museen nach Tansania geht. Wir besuchten von Daressalam aus das deutsche Sklavenhandelszentrum Bagamoyo (1896-1892) an der Küste des Indischen Ozean, welches vorher von arabischen Sklavenhändlern genutzt worden war. Von Kigoma und dem Kongo wurden afrikanische Sklaven über 1.500 Kilometer auf 6-monatigen Fußmärschen nach Bagamoyo gezwungen, wo sie entgegen ihren Erwartungen auf Schiffe verladen und nach Indien und anderen asiatischen Staaten transportiert wurden, nicht ohne vorher brutalstmöglich kastriert worden zu sein…….anders, als es durch die europäischen Sklavenhändler in West-Afrika geschah.

In Tanga hatten wir am Samstag, 30 März vormittags, einen gut 2-stündigen work-shop zum Thema des deutschen Kolonialismus, der durch einen Historiker eingeleitet und durch Beiträge der tansanischen Jugend-Gruppe angereichert wurde. Im Gedächtnis blieb mir von den Jugendlichen, dass es bis heute keine Misch-Ehen zwischen asiatischen und afrikanischen Familien, wohl aber bisweilen zwischen europäischen und afrikanischen Familien gibt. Joshua Kiula referierte über die Sprache Kisuaheli: Zu 60% besteht sie aus Bantu-Worten, 30% sind arabischer Herkunft und 10% sind deutscher Herkunft. Ursprünglich war Kisuaheli eine lokale Sprache auf einer der Inseln bei Zanzibar. Pemba? Die Deutschen entschieden dann, diese Sprache auf ihr gesamtes Kolonialgebiet Tansania auszuweiten und errichteten dafür die ersten Schulen jenseits der seinerzeitigen medressas. In Tanga steht noch die Old School Tanga. In den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts übernahmen dann tansanische Studenten im Kampf für ein unabhängiges Tansania diese policy und setzten sie ab 1962 um. Godfrey Sawe widerholte abschließend seinen Impuls vom Sommer 2022 mit der Forderung nach einer Entschädigungs-Zahlungen, die in etwa die gegenwärtige Verschuldung der afrikanischen Länder kompensieren würde. Hilda Kaniki, Schulleiterin einer Privatschule für tansanische Mädchen, die sie uns später noch zeigte, appellierte mit ihrer Lebensgeschichte und der ihres Vaters an die anwesenden Jugendlichen, ihr ihnen eigenes Potential bestmöglich zu entwickeln. Ihre Schule hat einen sehr hohen Standard, 567 Schülerinnen aus ganz Tansania und seit drei Jahren 

regelmäßig zwei chinesische Lehrkräfte für 1 Jahr. In China hat Hilda Kaniki einige Jahre studiert.

Von Tanga aus besuchten wir die Amboni-Caves, in denen sich von 1952 bis 1956 Widerstandskämpfer gegen die britische Kolonialherrschaft versteckt hielten.

In Tanga besuchten wir noch kurz das Urithi-Museum im Haus des ehemaligen deutschen Gouverneurs. Dort steht noch ein großer Safe, der besonders sicher war. Die wichtigsten Regierungsdokumente aus Daressalam wurden nach Tanga in diesen Safe gebracht. Immer noch sind die Fliesen von Villeroy & Boch aus dem Jahre 1901 in ihrer Pracht zu sehen.

Am Dienstag, dem 2. April fuhren wir nach Lushoto zu einer ausführlichen Begegnung mit Bischof Dr. Mbilu und seinem Stellvertreter. Auf die Frage nach den schnellen Pfarrer-Wechseln in der NED, die Charles Lumwe mir gegenüber schon 2008 problematisiert hatte, antwortete Bischof Mbilu mir, dass gegenwärtig die Pfarrer der NED nach Gemeinde-Größe bezahlt werden und deshalb alle gerne „nach Kana“ kommen würden und sie hart an einem neuen System arbeiten, dass die Pfarrgehälter unabhängig von der Gemeinde-Größe ausgezahlt werden.

Wir wurden in sein Haus eingeladen und lernten seine Frau, eine Tochter des früheren Bischof Jaly, den ich 2015 kurz traf und den jüngsten Sohn Jackson kennen. Danach sahen wir das Kleinst-Kinder-Kranken-bzw. Waisenhaus in Irente und hinterließen eine kleine Spende, bevor wir die fantastische Aussicht von Irente View (1375 Meter hoch) aus genießen durften. Anschließend waren wir noch in Irente Farm zum Dinner von der NED eingeladen, das erste Mal habe ich ein solch intensives Engagement der Landeskirche zugunsten der Partnerschaft mit Berlin-Staaken erlebt.

Der frühere Bischofs-Verwalter Daniel Magogo, den ich 2015 traf, lebt fast 100-jährig nach wie vor und spricht nach wie vor fließend deutsch, wurde mir erzäht.

Dann führen wir am Mittwoch, dem 3. April, weiter nach Arusha und zum Ngorongoro-Krater mit einer Übernachtung in der Masai „Eco Boma Lodge“, welche eine lokale Massai-Schule mit inzwischen 432 Massai-Kindern finanziert.

Der Ngongoro – Krater ist noch beeindruckender als der Tarangire – Nationalpark, den ich 2015 besucht habe, auch, weil er sehr große Wasserflächen beinhaltet, an denen 1000e von Flamingos zu sehen waren. Außer Leoparden sahen wir alle anderen Big Five, also Löwen, Elefanten, Rhinozerosse und Kaffernbüffel, zum Teil zum Streicheln nahe……..

Insgesamt waren diese 12 Tage sehr, sehr intensiv und zusammengedrängt. Die Reisegruppe war sehr divers und fand sich doch sehr gut zusammen. Die Einladung in Tanga in das Haus des Vaters eines der Teilnehmenden am Jugend-Camp 2013 am Döberitzer Weg zeigte uns, wie intensiv und nachhaltig solche persönlichen Begegnungen nachwirken. Für mich war diese Reise nicht nur ein Abschiednehmen von der Partnergemeinde vor meinem Ruhestand sondern auch, besonders in ihrem letzten Teil, ein Abschluss meiner afrikanischen Jahrzehnte, da es auch in Äthiopien für mich solch große Wasserflächen mit 1000en Flamingos zu sehen gab und auch solche Rundhütten zu bewohnen waren, wie sie in der Massai „Eco Boma Lodge“ stehen.

Wieder einmal durfte ich die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit von Godfrey Sawe und Joshua Kiula erleben, ohne diese Beiden hätte die Fahrt so nicht stattfinden können.

Auch das also habe ich in und durch Staaken erleben dürfen: 

Exemplarische weltweite Beziehungen christlicher Gemeinden, beruhend auf jahrzehntelang zurückliegenden persönlichen Beziehungen, welche in Staaken 1975 mit Pfarrerin Gerda Nitschke begonnen haben und voraussichtlich in den kommenden Jahren fortgesetzt werden können. (Siehe Seite 1).


Den vollständigen, täglichen Reise-Blog gibt es hier zum nachlesen (https://landing.churchdesk.com/b/146695)

Pfarrer Cord Hasselblatt, 8. April 2024

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