Zukunft kann man lernen - von Stefan Pfeiffer

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# Aktuelles aus der Gemeinde

Zukunft kann man lernen - von Stefan Pfeiffer

Zukunft ist eine Superkraft – aber keine angeborene

Zukunft ist das, was wir uns über sie vorstellen. Es werden Elemente der Vergangenheit, Informationen der Gegenwart und unsere Vorstellungskraft zusammengemischt, um daraus etwas ganz Neues zu machen. Diese Fähigkeit, gedanklich in eine Zeit zu reisen, die noch nicht da ist, ist eines der wichtigsten Merkmale des Menschseins überhaupt. Sie ist unsere Superkraft.

Alle Menschen haben die Fähigkeit, Vorstellungen über die Zukunft zu entwickeln. Doch wie Lesen und Schreiben muss man dies zunächst lernen. Das passiert nicht automatisch, weil wir in unserem Alltag verwurzelt sind. Dort spielt sich unser Leben und das unserer Familien, Freunde und Institutionen ab. Darum gelten 80 Prozent unseres Zukunftsdenkens der Zukunft unseres Alltags. Denn diese kleine Zukunft hat den größten Nutzwert für unsere unmittelbare Gegenwart.

Zukunft muss man lernen – wie Grammatik oder Mathematik

Wer weiter in die Zukunft reisen oder über den eigenen Horizont hinausdenken möchte, muss dafür erst gewisse Fähigkeiten erlernen und üben. Das ist wie mit den Artikeln im Deutschen oder der Differentialrechnung in der Mathematik. Nur dass uns bei diesen Themen bewusst ist, dass wir sie erlernen müssen. In Bezug auf die Zukunft halten sich die meisten für Naturtalente.

Das liegt auch daran, dass unsere Gesellschaften eher vergangenheits- als zukunftsorientiert sind. Nicht Zukunftsplanung ist Pflichtfach in der Schule, sondern Geschichte. Alte Sprachen werden an mehr Hochschulen unterrichtet als Weltraumforschung. Es wird mehr Können gelehrt als Denken, und das Denken, das gelehrt wird, ist konvergent (wo mit Logik nach der einen richtigen Antwort gesucht wird) und nicht divergent (wo mit Vorstellungskraft nach so vielen Lösungen wie möglich gesucht wird).

Warum wir lernen müssen, weiter zu denken

Fächer wie Musik, Kunst, Literatur, Philosophie würden die für die Zukunftsfähigkeit wichtige Vorstellungskraft fördern, sind aber meist die ersten, die dem Rotstift zum Opfer fallen. Hinzu kommen unsere modernen Süchte: Das Schnelle, das Unmittelbare, das Kurzfristige – Tweets, Quartalsberichte, Wahlzyklen – fokussieren unsere Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt.

Außerdem neigen wir aus Bequemlichkeit dazu, die Zukunft auszublenden, um ihr die Probleme der Gegenwart aufhalsen zu können. Stichwort: Klimawandel. Manche nennen das Zukunftskolonialismus, sprich die gewalttätige Aneignung von etwas, das nicht uns, sondern unseren Kindern und Enkeln gehört.

Wir alle wollen, dass die Zukunft besser wird. Wer eine bessere Zukunft anstrebt, muss sie sich vorstellen können. Das muss man bewusst, strukturiert und vor allem gemeinsam tun. Und man muss es gelernt haben, weil es keine vegetative Fähigkeit ist, sondern eine intellektuelle, eine kulturelle. Es ist daher richtig und wichtig, sich aktiv mit der Zukunft zu beschäftigen, also Zukunft zu lernen.

Daher haben wir 2025 unter das Motto „Zukunft?!“ gestellt.

Stefan Pfeiffer, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates

Hinweis: Dieser Beitrag wurde durch das Buch „Zukunft“ von Florence Gaub inspiriert.

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